Renaissance einer Institution Mag. Arch. Joerg Nairz Das Kaffeehaus feierte 1983 sein 300jähriges Bestehen. Anläßlich dieses Jubiläum wurden neben anderen Aktivitäten einige Kaffeehäuser renoviert bzw. neu gestaltet. Das Wiener Kaffeehaus ist ein eigener Begriff und eine besondere Erscheinung im Kulturleben dieser Stadt. Als wichtiger Bestandteil der Wiener Kulturgeschichte hat das Kaffeehaus seine eigene Vergangenheit mit eigenem Legenden und Anekdoten (Kolschitzky, Cafè Griensteidl, Cafè Central), es ist jedoch keine rein historische Erscheinung. Seine Funktion in der Gesellschaft ist zwar nicht mehr so ausgeprägt wie früher, sie ehemalige Creme der Kaffeehausgäste, die intellektuellen Menschen, sind heute oft zu beschäftigt und daher meist nur mehr potentiell Kaffeehausgäste. Das Kaffeehaus lebt jedoch nach wie vor von seinen Stammgästen, seinen altgedienten Obern, seinen jeweiligen Besonderheiten und Traditionen. Früher lebte ein großer Teil der Künstler und Intellektuellen sprichwörtliche im Kaffeehaus, man schrieb dort, empfing, diskutierte, telephonierte, las Zeitung oder hinterließ Nachrichten für andere. In Kürschners Literaturkalender war Peter Altenbergs Adresse mit Cafè Central, Wien I, angegeben. Anfang dieses Jahrhunderts war in Wien das Kaffeehaus sicher der Nabel der Literaturwelt. Vom Kaffeehaus nahmen aber auch neue Richtungen der Malerei, der Musik und der Architektur ihren Ausgang. Das europäische Kaffeehaus entstand nicht in Wien. Es gab bereits um die Mitte des 17. Jahrhunderts in Venedig, Oxford, London, Paris oder Amsterdam Kaffeehäuser. In Wien entstanden die ersten Kaffeehäuser erst nach der Türkenbelagerung von 1683. Die ersten Kaffeehäuser waren, soweit heute bekannt, meist in Gewölben oder kioskartigen Gebäuden untergebracht. Sie waren durchwegs sehr einfach eingerichtet und die Besitzer wechselten auch sehr oft die Lokalitäten, was auf eine nicht allzu große Investitionen schließen läßt. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde dann auch auf die Ausgestaltung mehr Wert gelegt, und so entstanden vornehmlich an der Schlagbrücke, der heutigen Schwedenbrücke, einige bestausgestattete Kaffeehäuser, wie z. B. das Jüngling oder das Wagner. So war es nur natürlich, daß sich auch die bedeutenden Architekten dieser Zeit mit dem Kaffeehaus beschäftigt haben. Im Jahre 1819 schuf der Wiener Architekt Josef Kornhäusl das berühmte Kaffeehaus des Ignaz Wagner an der Schlagbrücken, welches auch einen ersten Stock aufwies und alles Bisherige in den Schatten stellte. 1932 gestaltete Josef Kornhäusl noch ein weiteres Kaffeehaus für Karl Petter in der Nähe des Theaters an der Wien. Im Jahre 1822 wurde nach den Plänen von Architekt Peter Nobile, dem Schöpfer des Burgtores, das Volksgartencafè des Peter Corti errichtet. Dieses Kaffeehaus in seiner rein klassizistischen Gestaltung wurde zu einem Mittelpunkt der Wiener Gesellschaft und ist durch Gartenkonzerte und Uraufführungen mit der Musikgeschichte eng verbunden. Um 1850 veränderte sich das Kaffeehaus. Es bekam eine neue Größenordnung und Gestalt und auch eine neue Atmosphäre. Als Folge der fortschreitenden Veränderung Wiens hin zur Großstadt und europäischen Metropole entstanden repräsentative Großstadtcafès meist im Stile des Historismus, mir einem nicht zu übersehenden Hang zum Mondänen und zur Repräsentation. In der Zeit einer explosionsartig zunehmender Bevölkerungszahl Wiens und einer damit verbundenen Wohnungsnot entwickelt sich das Kaffeehaus zunehmend zum Wohnraum des gebildeten Bürgertums. Im Kaffeehaus wohnte man, zu Hause schlief man. Da die Kaffeehäuser in dieser Zeit meist nach dem neuesten Zeitgeschmack eingerichtet waren und die Repräsentations- und Dekorationsformen hauptsächlich aus den Salons des Adels und der Reichen stammten, konnten auch Ärmere an der jeweiligen Mode teilhaben. An diesem Typ orientiert sich im wesentlichen das Wiener Kaffeehaus bis heute. Wo möglich, erstreckte sich das Kaffeehaus über 2 Straßenfronten und der Eingang lag meistens an der –ecke, um so von mehreren Straßen eingesehen werden zu können. Auch auf die schöne Aussicht wurde oft speziell Wert gelegt. Man betrat das Kaffeehaus meist über einen Windfang und sah sich üblicherweise einer Sitzkassa gegenüber. Durch die Sitzkassa wurde der meist ums Eck gehend Raum in einem Flügel zum Sitzen und einen Flügel zum Spielen (Billard) geeilt. Typisch für das Kaffeehaus ist auch die Aufstellung der Sitzbänke quer zur Fensterfront., so entstanden Sitzlogen in den Fenstern, aus denen der Gast die Vorgänge im Inneren des Kaffeehauses sowie auch außen auf der Staße beobachten konnten. In den Abschlußwänden beider Flügel waren meist mehr oder weniger aufwendig gestaltete Spiegel angebracht, die den Raum optisch vergrößerten. Vor dem Kaffeehaus waren oft unter einer Sonnenplache oder unter einem fixen Glasdach einige Tische als sogenannter Schanigarten aufgestellt, wo man in der warmen Jahrenzeit auch im Freien bedient wurde. |